Veranstaltungen von Oktober bis Dezember 2019

Wir laden euch zu unseren 3 Veranstaltungen ein, die wir in den kommenden Wochen anbieten. Bei diesen bekommt ihr die Möglichkeit, uns und andere in lockerer Atmosphäre kennennzulernen oder einfach nur einen schönen Abend zu verbringen.

Antifaschistischer Stadtrundgang

30.10.2019 (Mittwoch), 18 Uhr

Treffpunkt: Lahntor 2, ehemaliges Havanna Acht

Trinken mit Linken I: Kneipen-Tour

22.11.2019 (Freitag), 21 Uhr

Treffpunkt: Marktplatz am Brunnen

Trinken mit Linken II: Barabend

14.12.2019 (Samstag), 21 Uhr

Ort: Baari Bar im Trauma

An die aktive Fachschaft Politikwissenschaften

Im Folgenden möchten wir ein E-Mail-Dialog mit der Aktiven Fachschaft Politikwissenschaften veröffentlichen. Der Grund für die Veröffentlichung liegt in der ausweichenden bzw. ausbleibenden Bezugnahme auf unsere Kritik auf die Einladung von Kerem Schamberger und Michael Meyen. Die Antwort der Fachschaft ist unter unserer Antwort zu finden.

An die Aktive Fachschaft Politikwissenschaft:

Immerhin habt ihr unsere Kritik an der Einladung von Kerem Schamberger und Michael Meyen zur Kenntnis genommen. Allerdings lässt eure Reaktion zu wünschen übrig.

Unsere Kritik an den Positionen Schambergers ist kein Vorwurf, wie ihr es schreibt, sondern eben eine Kritik. „Antisemitismus ist nicht, wie […] oft insistiert wird, ein (ungerechtfertigter) ,Vorwurf‘, sondern wenn Äußerungen zu Israel als antisemitisch klassifiziert werden, dann handelt es sich dabei in der Regel um eine Kritik an antisemitischen Positionen. Wer diese entkräften will, müsste also argumentieren, warum die eigene Position nicht antisemitisch ist – und nicht Kritik zum ‚Vorwurf‘ verniedlichen und damit relativieren.“ (Salzborn 2013: 5)

Darum hättet ihr auf das von uns gelieferte Material eingehen müssen und es ist relativ unbedeutend was ihr für eigene Recherchen anstellt. Wir haben beim Verfassen unseres Textes die Arbeits-definition zu israelbezogenem Antisemitismus des European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia zugrunde gelegt. Die Definition lautet:

„Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:

  • Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
  • Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
  • Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.“1

Wir sind davon ausgegangen, dass die von uns gesammelten Aussagen von Schamberger und Meyen sich selbst diskreditieren und kaum einer nähren Erläuterung bedürfen. Da dies zumindest für euch nicht der Fall war hier noch einmal Schritt für Schritt:

Kerem Schamberger teilt mehrfach Karikaturen von Carlos Latuff und lobt ihn ausdrücklich.2 Latuff setzt in seinen Karikaturen regelmäßig die israelische Politik mit der Politik der Nationalsozialisten gleich. Mit der ersten der beiden hier abgebildeten Zeichnungen gewann er 2015 den 2. Platz des Holocaust-Karikaturen Wettbewerbs des islamischen Regimes im Iran.

Außerdem unterstützt Schamberger die BDS-Kampagne.3 Diese wird von renommierten Antisemitismusforscherinnen und -forschern wie Samuel Salzborn als antisemitisch kritisiert, gerade weil sie die Bedrohung der Existenz Israels durch Terrororganisationen ignoriert oder sogar leugnet.. Genau wie andere BDS-Anhänger*innern bezeichnet Schamberger Israel als „Apartheidsstaat“4. Das delegitimiert die Existenz des Staates und erfüllt somit den ersten Punkt der oben genannten Definition. Samuel Salzborn schreibt: „Die BDS-Kampagne ist eine moralisch imprägnierte palästinensische Interessenartikulation, mit der international der politische Druck auf Israel erhöht und die palästinensische Politik flankiert werden soll. An wesentlichen Punkten der Kampagne kann gezeigt werden, dass sie nicht um Kritik bemüht ist, sondern ihrer Intention nach antisemitisch.“ (Salzborn 2013: 12)

Wir haben nachgewiesen, dass Schamberger mit der PFLP sympathisiert5, die Israel vernichten will und immer wieder Terroranschläge gegen die israelische Bevölkerung ausführt6. Seine Begeisterung für Ahed Tamimi schlägt in die gleiche Kerbe. Tamimi möchte den Weg der Märtyrer beschreiten7, fordert die Entfernung des israelischen Staates aus dem Nahen Osten und legitimiert dafür „Messer-attacken, Selbstmordanschlägen oder das Werfen von Steinen“8 auf Israelis.

Falls es euch noch nicht aufgefallen ist: Die Gruppierungen bzw. Personen die Schamberger unter-stützt, leugnen nicht nur das Existenzrecht Israels, sondern arbeiten aktiv daran die Existenz des einzigen jüdischen Staates zu beseitigen. Das ist, sogar nach eurer eigenen Aussage, antisemitisch.

In seiner Rede für die DKP von 2014 reißt Schamberger die israelische Militäroperation aus ihrem Kontext und stellt sie als einseitige ungerechtfertigte Aggression dar.9 Er erwartet von Israel, dass die Entführung und Ermordung von drei seiner Staatsbürger ohne Reaktion hingenommen wird. Das würde man von keinem anderen demokratischen Staat erwarten. Er legt hier also einen doppelten Standard an. In der gleichen Rede bezeichnet er die israelische Regierung als von Faschisten durchsetzt, rückt sie also in die Nähe des Nationalsozialismus. Er verstärkt dieses Bild noch in dem er Israel als „Vertreter des gleichen kapitalistischen Systems“ benennt, das Auschwitz hervorgebracht hat.10 Diese Aussagen sind ebenfalls, wie man oben in der Definition des EUMC lesen kann, als antisemitisch zu deklarieren.

Wir haben euch im ursprünglichen Text nicht unterstellt die Positionen von Meyen und Schamberger zu teilen, sondern wollten euch über deren Untragbarkeit aufklären. Eure Reaktion führt allerdings dazu, dass man euch mindestens unterstellen kann solche Aussagen zu tolerieren.

Wenn die Fachschaft Politikwissenschaft nicht nur Lippenbekenntnisse ablegen will, sondern Antisemitismus tatsächlich bekämpfen möchte, wäre es das Mindeste Menschen wie Kerem Schamberger und Michael Meyen nicht einzuladen.

OAT Marburg Oktober 2018

Leseempfehlung und Quelle der Zitate von Samuel Salzborn: Salzborn, Samuel (2013): „Israelkritik oder Antisemitismus? Kriterien für eine Unterscheidung“. Kostenfrei abrufbar unter: www.salzborn.de/txt/2013_Kirche-und-Israel.pdf

1Die deutsche Übersetzung der im Original englischsprachigen Definition ist abrufbar unter: https://european-forum-on-antisemitism.org/definition-of-antisemitism/deutsch-german

10Ebd.

Originalantwort der Aktiven Fachschaft Politikwissenschaften

Hallo liebes OAT-Marburg,

Antisemitismus soll niemals salonfähig werden und muss in jeder Art und Weise bekämpft werden, dies steht außer Frage!
Antisemitismus ist eine Einstellung derer, die etwas gegen Jüd*innen haben oder gar die Existenz der jüdischen Bevölkerung oder die des israelischen Staates in Frage stellen. Solche Vorwürfe gegenüber Kerem Schamberger zu äußern sehen wir äußerst kritisch, denn dieser stellt die o. g. Existenzen, nach unseren Recherchen, in keiner Weise in Frage. Es sollte ganz klar unterschieden werden, zwischen der Politik des israelischen Staates und der jüdischen Bevölkerung. Die inflationäre Verwendung des Begriffs „Antisemit*innen“ birgt zudem die Gefahr, diese Begrifflichkeit zu verharmlosen, was unserer Auffassung nach niemals geschehen darf!
Kerem Schamberger möchte in seinem Vortrag auf die miserablen Zustände in den kurdischen Gebieten und die fatale Politik der türkischen Regierung aufmerksam machen, was der hauptsächliche Grund für die Einladung ist.

Wir möchten zudem betonen, dass wir als Fachschaft keine politische Partei ergreifen, sondern eine Plattform bieten möchten um die Kommunikation und Diskussion über bewegende Themen aufrecht zu erhalten, denn nur so können Missstände angegangen werden. Dies soll natürlich nicht heißen, dass wir unpolitisch seien.

Gerne laden wir euch ein, euch selbst über die Inhalte des Vortrags vor Ort zu informieren.

Freundliche Grüße senden euch!

Die aktive Fachschaft Politikwissenschaft

Antisemiten kann man nicht verbieten…

…aber auch nicht einladen

Für den 8. November lädt die Aktive-Fachschaft-Politikwissenschaften und die Fachschaft des CNMS zur Auftaktveranstaltung ihrer Reihe „Die neue Türkei?“ ein. Dabei stellen Kerem Schamberger und Michael Meyen ihr Buch: „Die Kurden – Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion“ vor. Das Thema liegt auf der Hand: Die fortschreitende Islamisierung der türkischen Gesellschaft, die rücksichtslose Abschaffung demokratischer Grundfreiheiten und der militärische Einsatz gegen die eigene Bevölkerung im Südosten des Landes sowie der Krieg in Syrien, die sich beide vor allem gegen die kurdischen Bevölkerungsteile richten, sind genügend Anlässe sich kritisch mit der aktuellen Politik der Türkei zu beschäftigen. Eine Auseinandersetzung an der Universität ist deswegen begrüßenswert.

So verständlich das Anliegen, so unverständlich bleibt, warum ausgerechnet Schamberger und Meyen eingeladen wurden.

Kerem Schamberger engagiert sich seit einigen Jahren als Blogger zum Thema Kurdistan. Nicht alles was er dazu schreibt ist falsch. Aber dennoch: Wer ihm länger folgt, wird früher oder später mit Positionen konfrontiert, die Schamberger als Referenten untragbar machen. So sind beispielsweise absurde Gleichsetzungen zwischen Erdogan, den Schamberger als einen „Terroristen, Unterdrücker und Kriegshetzer“ betrachtet, mit dem israelischen Präsidenten keine in Rage geschriebene Ausrutscher[1], sondern die festen Überzeugungen eines radikalen Antizionisten. Wie fließend dabei die Übergänge zum Antisemitismus sind, offenbart Schamberger auf seiner Facebook-Seite. Hier teilt er regelmäßig Karikaturen von Carlos Latuff[2]. Als Kommunikationswissenschaftler sollte Schamberger wissen, wessen Material er dort verbreitet. Ihm Naivität zu attestieren wäre vermessen. Vielmehr muss von Zustimmung ausgegangen werden.

Schamberger unterstützt darüber hinaus Aufrufe der antisemitischen BDS-Kampagne[3]. Jener Organisation, die unterschiedslos zum Boykott israelischer Waren, Künstler*innen und Akademiker*innen aufruft, den Kapitalabzug aus Israel erpressen und Sanktionen gegen Israel durchsetzen möchte. BDS zielt dabei explizit auf die Existenz des jüdischen Staates ab und nicht auf Verhandlungen. Die Kampagne ignoriert die zahlreichen islamistischen Terroranschläge auf israelische Zivilisten nicht nur, sondern verteidigt diese auch immer wieder. Dass aus ihren Gliederungen selbst regelmäßig Vernichtungsphantasien gegenüber Israel ausgesprochen werden, hat System: die Verbindungen zur Hamas und anderen islamistisch und nationalistischen Gruppen sind zur Genüge belegt. Für Schamberger scheinen derartige Positionen und Verbindungen kein Problem. Im Gegenteil: Auf seiner Facebookseite verkündet er, dass es ihm eine große Ehre gewesen sei den führenden BDS-Aktivisten Farid Esack während seiner Südafrika-Reise getroffen zu haben[4].

Schamberger protegiert jedoch nicht nur die vermeintlich zivile BDS-Kampagne, sondern geht immer wieder auf Tuchfühlung mit sich selbst als revolutionär begreifenden palästinensischen Terrororganisationen wie der PFLP, PPP und DFLP. Dass deren „Revolution“ in der Vergangenheit vornehmlich in Form antisemitischer Anschläge ausgetragen wurde, ist Schamberger keinen Ton der Kritik wert. Vor zwei Jahren berichtetet er begeistert von einem seiner regelmäßigen Besuche bei seinen „Genossen“ in der Westbank anlässlich des Farkha-Festival, wie „enthusiastisch“ die Begrüßung gewesen sei, man kenne sich schließlich „schon seit Jahren“[5]. Besonders erfreut war er „einen jungen Genossen zu sehen, der die letzten beiden Jahre in israelischen Gefängnissen verbracht hat, da er auf einer Demonstration Soldaten mit Molotow-Cocktails beworfen haben soll.“[6] Ein Revolutionär ganz im Sinne Schambergers.

Früher war Schamberger selbst Teil der „Revolution“, damals in den Reihen der Münchener DKP. Für sie hielt er im Sommer 2014 eine Rede auf einer Kundgebung gegen den Gaza-Krieg von 2014. Seinem dichotomen Weltbild entsprechend, bemühte er dabei die alttestamentarische Geschichte von David gegen Goliath. Nur dass in seiner Version Israel als der unerbittliche Riese herhalten muss, während der kleine David ein nicht näher bestimmtes Palästina darstellt, das nicht „wie in der Sage, in der Lage ist Goliath zu verletzen, geschweige denn ihn zu besiegen“[7]. Dass der Auslöser für die israelische Militäroperation „Protective Edge“ die Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen durch die Hamas war, ignoriert Schamberger dabei geflissentlich. Genauso wie ihm die tausenden verletzten und ermordeten israelischen Zivilisten in der „Zweiten Intifada“ nicht in den Sinn zu kommen scheinen, wenn er von einem „unverletzlichen israelischen Goliath“ phantasiert.

Schambergers Verständnis vom Nahostkonflikt ist geprägt von einer manichäischen Weltsicht. Hier die unschuldigen Unterdrückten, dort die bösen Imperialisten. Dazwischen gibt es nichts und darf es nichts geben. So gilt ihm Gaza scheinbar als geschichtsloser und apolitischer Raum, in dem die Unterdrückten einfach nur ihr Leben leben wollen und daran einzig und allein von Israel gehindert werden. Worte zur Hamas, die das antisemitische Traktat der „Protokolle der Weisen von Zion“ zu ihrer Charta erklärt hat, die regelmäßig vermeintliche Kollaborateure mit Israel aufhängen lässt und eine brutale Terrorherrschaft gegen ihre eigene Bevölkerung durchsetzt, bekommt man in der Rede nicht zu hören. In Israel aber, da sei die Regierung mit „faschistischen Kräften“[7] durchsetzt. Überhaupt scheint Israel nur aus Politik zu bestehen, eine Zivilbevölkerung scheint das Land im Denken Schambergers nicht zu besitzen.

Antisemitismus scheint für den selbsterklärten Kommunisten überhaupt nur ein Nebenwiderspruch. In seiner Rede zum Nahostkonflikt kommt er lediglich in Form einer Täter-Opfer-Umkehr vor, die Auschwitz zum Argument gegen Israel machen soll:

In Deutschland wird uns oft geraten, wir hätten uns mit Kritik an Israel zurückzuhalten, weil Auschwitz ein unauslöschlicher Teil unserer Geschichte ist und jede Israelkritik einem antisemitischen Generalverdacht ausgesetzt sei. Ja – Auschwitz war die Ausgeburt eines menschenverachtenden kapitalistischen Systems und wir werden nicht zulassen, dass die heutigen Vertreter des gleichen kapitalistischen Systems, egal ob in den USA, der EU oder Israel es als Waffe benutzen um heutige Verbrechen zu rechtfertigen. Wir lassen nicht zu, dass der Protest [sic!] gegen die Politik Israels als antisemitisch diffamiert wird. Und wir wenden uns gegen alle, die die Politik Israels für rassistische, antisemitische, fundamentalistische und nationalistische Motive missbrauchen wollen.“[7]

Bei Schamberger besiegt das Bauchgefühl den Verstand: Israels Regierung ist die am meisten und heftigsten kritisierten dieser Welt. Kein Staat vereinigt mehr Verurteilungen durch die Vereinten Nationen auf sich. Das Wort „Israelkritik“ hat es sogar in den deutschen Duden geschafft in dem man „Syrienkritik“ oder „Zypernkritik“ vergeblich sucht, aber Antisemiten lassen sich in der Regel ja nicht von Empirie behelligen.

Genauso wahnwitzig ist die Behauptung die USA seien als heutige „Vertreter des kapitalistischen Systems“ diejenige Kraft, von der das „neue Auschwitz“ ausgehe. Hier offenbart sich nicht nur, dass Schamberger nicht in der Lage ist die Spezifik des deutschen Nationalsozialismus zu fassen, sondern auch ein Geschichtsverständnis der antiimperialistischen Phantasterei. Schamberger ignoriert sowohl die Tatsache, dass die USA ganz wesentlichen Anteil an der Zerschlagung des historischen Nationalsozialismus hatten, ebenso wie dass das spätere Israel in den 1930er Jahren als einziger Zufluchtsort für Juden und Jüdinnen aus Europa verblieb. Verwiesen sei für den Steinzeit-Kommunisten Schamberger auch auf die milliardenschweren kriegsentscheidenden US-Lieferungen an die Sowjetunion.

Zum Finale seiner Hassrede wiederholt Schamberger die bereits genannten antisemitischen Bilder und macht Israel für den Terror gegen seine Zivilbevölkerung selbst verantwortlich: „Es ist die israelische Politik des Landraubes, der Vertreibung, der Einmauerung, des Rassismus und der Massaker, die jenen Hass gebiert und fördert, der zu immer neuen Katastrophen führt.“[7] So rationalisiert man sich seinen Antisemitismus.

An Schambergers Weltsicht hat sich seit 2014 wenig geändert. Erst kürzlich gratulierte er der BDS-Ikone Ahed Tamimi zur Freilassung aus einem israelischen Gefängnis. Bei der Pressekonferenz nach ihrer Freilassung war er sogar persönlich vor Ort. Schambergers Heldin verkündete zuletzt den Staat Israel als Ganzes „entfernen“ zu wollen[8]. Dabei sei jedes Mittel legitim: „Messerattacken, Selbstmordanschlägen oder das Werfen von Steinen“[9]. Schamberger darf seine unheimliche Bewunderung für Tamimi mittlerweile auch auf der Internetseite des Meyen-Instituts absondern. Seine „kritische Analyse“ des Erfolgs Tamimis in westlichen Medien verliert dabei selbstredend kein Wort über ihre Gewaltaufrufe.

Michael Meyen ist Professor an der LMU München und dürfte so etwas wie der akademische Ziehvater von Schamberger sein. Neben dem Arbeitgeberverhältnis verbindet beide die Begeisterung für Antisemiten. So gab Meyen im Juni diesen Jahres Ken Jebsen ein 1,5 stündiges Interview um sein Buch „Breaking News: Die Welt im Ausnahmezustand“ vorzustellen. Meyen bewegt sich darin zwischen Allgemeinplätzen geisteswissenschaftlicher Ausbildung: „Man darf, glaube ich, das was wir in den Medien finden nicht für einen Spiegel der Realität halten.“[10], verschwörungsideologischem Denken:

„Ich nutze ja nicht die traditionellen Medienangebote um mich zu informieren wie es heute in Israel, Iran oder in Russland aussieht. Ich erfahre dort doch bestenfalls wie es die deutsche Politik gerne möchte, dass es in Israel, Iran oder Russland aussieht.“[11] und kurz darauffolgenden Widersprüchen: „Die Medien bestimmten ja was in den Medien ist.“[12]

Wie tief Meyen Jebsen ideologisch verbunden ist, zeigt sein Rechtfertigungsschreiben „Ken Jebsen und das Establishment“, das er nach öffentlicher Kritik an seinem Auftritt mit dem Antisemiten Jebsen aufsetzte. Darin adelt er Jebsens billiges YouTube-Format KenFM als vorbildlichen Journalismus:

Er hat nicht schon im Kopf, was er sagen oder senden will. Keine ‘Realität‘ aus der Redaktionsstube, die der Gesprächspartner nur noch illustrieren muss (und die einfach nicht gesendet oder gedruckt wird, wo er das nicht tut). ‚Was Schönes aus den Aufnahmen‘ basteln: So funktioniert Journalismus heute. KenFM funktioniert so nicht.“[13]

Einem verschwörungsideologischen Einpeitscher wie Jebsen zu unterstellen er habe keine genaue Zielrichtung auf die seine Interviews hinführen sollen, ist im besten Fall naiv, was für einen Professor eine äußerst unschickliche Eigenschaft wäre. Im schlimmsten Fall macht man sich aber zum nützlichen Idioten eines Antisemiten. Wer sich das gelobte Jebsen-Format ansieht, wird bald feststellen, dass Jebsen, trotz unterschiedlicher Gäste, die immer gleichen Geschichten von „den Bösen da Oben“ erzählt. Dies erreicht er durch extrem verkürztes und stark verzerrtes Zusammenfassen der Aussagen seiner Gäste um sich dann schnell dem nächsten Punkt zuzuwenden, ohne der interviewten Person die Möglichkeit zu geben, nachzubessern zu können. Es ist durchaus fraglich, wie man es bis zum Professor schafft, wenn man auf diese Taschenspielertricks reinfällt und das Ganze am Ende sogar noch gut findet.

Der Jebsen-Auftritt war nicht das erste Mal, dass Meyen bei dubiosen Medienformaten aufschlug. Im Mai dieses Jahres gab er dem staatlichen russischen Medienportal Sputnik ein Interview, indem er eine gesteuerte Hetzkampagne gegen Russland in deutschen Medien behauptete. Dem zum großen Teil aus Verschwörungsideologen, Pegida-Anhängern und anderen „Lügepresse“-Schreiern bestehenden Sputnik-Publikum bescheinigte er:

Was ich immer wieder festgestellt habe, ist, dass die Medienkritik, die laut wird im Moment, dass die letztlich eine Systemkritik ist. Man wirft es weniger einzelnen Journalisten vor, dass sie einseitig sind, sondern man wirft dem System vor, dass es nicht in der Lage ist, einen Rundfunk zu unterhalten, der die Normen bedient, die man sich selber gibt: Objektivität, Ausgewogenheit, Vielfalt, Unabhängigkeit von politischen Interessen.“[14]

Durch derlei Aussagen wiegt man jenes Klientel, das sonst Menschen durch deutsche Innenstädte jagt, die “BRD-GmbH” abschaffen will oder von einem eurasischen Rassestaat träumt in der Gewissheit sich zu den „Systemkritikern“ zählen zu dürfen.

Auch sonst unterstützt Michael Meyen allerlei reaktionären Unsinn, wenn er zum Beispiel Aktivisten der International Association of Lawyers against Nuclear Arms ausführlich auf der Webseite seines Instituts zitiert: „Das Fernsehen spricht nicht mit seinen Kritikern, und draußen sind viele Themen Tabu. Israel, die USA, die westliche Politik gegenüber Russland. ‚Die Dominanz der Amerikaner muss zu einem Thema werden‘, sagt Albrecht Müller. ‚Das ist eine Frage von Krieg und Frieden hier bei uns.‘ Andreas Zumach, der unter anderem für die taz schreibt, geht noch einen Schritt weiter und spricht von einer ‚systematischen Kampagne gegen alle, die es wagen, die israelische Regierungspolitik zu kritisieren‘. Antisemitismus: Das ist der Vorwurf, der Kritiker trifft. Andreas Zumach: Das Tabu bereite den nächsten Krieg vor – gegen den Iran, geplant von einer Allianz, zu der neben Israel und den USA auch Saudi-Arabien gehöre.“[15]

Ebenfalls auf der Seite des Instituts-Blogs findet sich ein Artikel der sich mit dem Anti-BDS Beschluss des Münchner Stadtrates beschäftigt[16]. Der Autor schlägt darin vor, doch bitte auch die Befürworter von BDS-Veranstaltungen zu Wort kommen zu lassen und phantasiert, dass der Beschluss im Stadtrat nur zustande gekommen sei, weil der Oberbürgermeister so gut mit der Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde befreundet sei. Für Meyen offensichtlich ganz legitime Medienkritik.

Kerem Schamberger und Michael Meyen sind ganz offensichtlich untragbar.

Wir fordern die Fachschaften daher umgehenden zur Ausladung auf!

Offenes Antifa Treffen Marburg

Streit_wagen

Oktober 2018

[1] URL: https://www.facebook.com/kerem.schamberger/posts/10212062900673200

[2] Carlos Latuff setzt in seinen Bildchen immer wieder den Staat Israel mit dem historischen Nationalsozialismus gleich oder stellt Israel als besonders blutrünstig dar. Diese Spielen auf der Klaviatur des israelbezogenen Antisemitismus brachte Latuff nicht nur Bekanntheit in allen Kreisen des antiisraelischen Aktivismus ein, sondern ermöglichte es ihm 2015 den zweiten Preis des Holocaust-Karikaturen-Wettberwerbs des iranischen Mullah-Regimes zu gewinnen. URL: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10212066596965605&set=a.10210608544475204&type=3&theater&ifg=1

[3] https://www.facebook.com/kerem.schamberger/posts/10212774151654030?__tn__=-R

4] Ganz im üblichen Duktus von BDS wettert Farid Esack gegen ein „israelische Apartheidssystem“ und verharmlost so nicht nur die tatsächlichen Apartheid Südafrikas, sondern leugnet auch die Gleichberechtigung jüdischer und arabischer Israelis. URL: https://www.facebook.com/photo.php?[fbid=10209735252963462&set=a.3524381833638&type=3&theater&ifg=1

[5] https://kerem-schamberger.de/2016/08/01/willkommen-im-land-der-mauern/

[6] https://kerem-schamberger.de/2016/08/01/willkommen-im-land-der-mauern/

[7] Alle nachfolgenden Zitate aus: http://kommunisten.de/attachments/5103_08_Rede_DKP_180714_muenchen.pdf

[8] http://www.israelheute.com/Default.aspx?tabid=179&nid=34227

[9] https://www.welt.de/politik/ausland/article181718252/Israel-Konflikt-Die-Selbstdemontage-einer-palaestinensischen-Ikone-Ahmed-Tamimi.html

[10] https://www.youtube.com/watch?v=Jh1zau0ranE 12:08 min

[11] https://www.youtube.com/watch?v=Jh1zau0ranE 17:40 min

[12] https://www.youtube.com/watch?v=Jh1zau0ranE 38:11 min

[13] https://medienblog.hypotheses.org/2668

[14] https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20180523320830951-propaganda-medien-kritik/

[15] https://medienblog.hypotheses.org/1178

[16] https://medienblog.hypotheses.org/1052

Antifaschistische Müllentsorgung

Motivierte Antifaschist*innen aus Marburg haben uns dieses schicke Foto zukommen lassen. Wir danken für den praktischen Akt der Nachbarschaftshilfe und legen allen Bewohner*innen dieser Stadt nahe, sich ebenso aktiv für ein sauberes und nazifreies Marburg einzusetzen.

“Hallo IB,

nachdem ihr bereits nach kurzer Zeit panikartig von eurer albernen Aktion, die böse linke Philfak abzusperren, geflohen wart, haben wir in einem beherzten Akt der Nachbarschaftshilfe die Müllentsorgung eurer Hinterlassenschaften übernommen. Bitte sammelt doch nächstes Mal, wie es auch an den Lahnwiesen und in anderen Teilen der Stadt Gang und Gäbe sein sollte, euren Schrott wenigstens wieder ein, nachdem ihr eure inhaltsleeren und hetzerischen Aktionen veranstaltet.

Feindschaftliche Grüße,
eure Philfak-Antifa

PS: Die Maleranzüge stehen den Genoss*innen der Nika-Kampagne wirklich besser.”

Havanna 8 bleibt!

Havanna 8 bleibt!

Das Havanna 8 ist für Marburg ein wichtiger Ort, da es die einzige linksradikale Kneipe und eine der letzten öffentlich zugänglichen linken Räume in Marburg ist. Es ist ein Freiraum, in dem Diskriminierungen aller Art keinen Platz haben. Darüber hinaus ist es für uns der zentrale Ort, an dem unsere politische Arbeit stattfindet. In diesem Raum haben wir die Möglichkeit bekommen, unser wöchentliches Plenum abzuhalten. Ebenso wird uns der Raum zur Verfügung gestellt, um außeruniversitäre politische Vorträge zu veranstalten, Soli-Partys zu feiern oder auch nur um beispielsweise Transpis zu malen. Somit ist es nicht nur ein Ort der Politisierung, sondern es werden antifaschistische Strukturen aktiv unterstützt, was bei der derzeitigen autoritären Formierung der Gesellschaft unabdingbar ist. Antifaschismus ist hier keine leere Worthülse, Antifaschismus wird im Havanna 8 gelebt! Deshalb macht es uns wütend, dass dieser Raum durch Gentrifiziernug bedroht ist!

Hände weg von unseren Strukturen!

Mehr Infos zur Kampagne unserer Genoss*innen findet ihr unter savetheh8.noblogs.org

Mobivortrag zum Ende des NSU-Prozesses. Tag X – kein Schlussstrich!

20.06. // 20 Uhr // Hörsaalgebäude // Raum 00/0070

Mobivortrag zum Tag X – Urteilsverkündung im NSU Prozess in München – Antifaschistische Demonstration und Aktionen

“Am 6. Mai 2013 begann vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen Beate Zschäpe, André Eminger, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben und Carsten Sch. Voraussichtlich im Frühjahr 2018 wird der Prozess nach etwa 400 Verhandlungstagen zu Ende gehen. Unabhängig davon, welchen Ausgang der Prozess nimmt: Für uns bleiben mehr Fragen als Antworten. Wir werden daher zum Prozessende zusammen auf die Straße gehen. Denn wir werden den NSU nicht zu den Akten legen.” (https://nsuprozess.net/ueber/)

Am 20. Juni veranstaltet das Offene-Antifa-Treffen-Marburg zusammen mit der Linken Fachschaft 03 und NSU Watch Hessen daher einen Mobivortrag zu den geplanten Aktionen und Demonstrationen zum Prozessende in München. Der Vortrag findet um 20 Uhr im Hörsaalgebäude (Raum 00/0070) statt. Außerdem wird es für wenig Geld eine begrenzte Anzahl an Bustickets für die gemeinsame Anreise aus Hessen geben.

Kein Schlussstrich!

In Gedenken an Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter.

Mehr Informationen zum Prozess, zu den geplanten Aktionen und der gemeinsamen Anreise aus Hessen findet ihr online:

nsuprozess.net/

fb.me/keinschlussstrichhessen/

Redebeitrag zum Internationalen Frauenkampftag 2018

Zum diesjährigen Internationalen Frauenkampftag hat das Autonome FrauenLesbenReferat Marburg eine feministische Vorabenddemonstration organisiert. Dort hat auch das Offene Antifa Treffen Marburg einen Redebeitrag gehalten, den ihr hier noch einmal in Schriftform lesen könnt.

Über die Bedeutung von Feminismus heute

Brauchen wir heute Feminismus?

Wenn doch der verankerte gesellschaftliche Diskurs behauptet, dass es Sexismus nicht gibt und Frauen* doch gleichgestellt seien. Dass es Gesetze gibt, die diese Gleichstellung suggerieren. Dass Frauen* heute doch studieren dürfen und arbeiten. Sie seien nicht mehr an den Haushalt gebunden. Und ihr Leben nicht mehr von Kirche, Kindern und Küche bestimmt. Dass sie sich ihre Jobs aussuchen können. Und dass alles ja sowieso viel besser sei als noch vor 100 Jahren.

Wenn Frau* sich heute als Feministin bezeichnet, ist die Reaktion ein Aufschrei der Empörung, wie sie denn könne. Undankbar sei dieser Feminismus, da er sich an herbeigezogenen Problemen aufhält und überhaupt nichts zu schätzen weiß. Dabei sind es genau diese gesellschaftlich verankerten Argumentationen, die einen noch stärkeren Feminismus nach sich ziehen müssen. Denn genau darin liegen die Gründe für unsere Kritik.

Denn wem bitte soll es reichen, dass das eigene Leben nicht mehr durch die Geburt von Kindern bestimmt sein soll?

Es reicht nicht zu behaupten, Frauen* und Männer seien vor dem Gesetz gleich. Denn dies lässt über Jahrtausende gewachsene Strukturen einer Gesellschaft außer Acht. Patriarchale Strukturen, die heute genau wie vor 100 Jahren Unterdrückung schaffen.

Strukturen, die nicht durch Worte überwunden werden können, die am Anfang eines Gesetzestextes stehen.

Es reicht nicht zu sagen, dass Frauen* heute arbeiten dürfen, und dabei zu vergessen, dass diese in einer extrem ausgeprägten Doppelbelastung stehen.

Es reicht nicht zu behaupten, dass es heute möglich sei, sich das Arbeitsfeld auszusuchen, wenn Frauen* in vielen Bereichen immer noch unterrepräsentiert sind.

Es reicht nicht!

Nein, wir fordern wirkliche Veränderung, wirkliche Anerkennung bestehender Probleme und wirkliches Interesse an Lösungen.

Wir haben es satt!

Wenn wir über unsere Erfahrungen berichten, werden wir weder gehört, noch ernst genommen, geschweige denn verstanden. Ein Problem, das auch unter Frauen* selber besteht.

Darum supportet FLTI*-Räume und nutzt sie. Hört anderen Frauen* zu, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten. Versucht sie zu unterstützen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind.

Hinterfragt die eigenen Handlungsmuster. Gesteht euch ein, wenn ihr Fehler macht. Lasst euch von Genossinnen helfen und lernt gemeinsam.

Organisiert euch, schafft Räume und Strukturen für wirklichen Austausch, für gemeinsame Lernprozesse und Bewegung.

Informiert euch und Genossinnen über Tage wie den 8. März, seine Gründe und darüber, was Frauenbewegungen schon erreicht haben.

Unterstützt Frauen* im Alltag mit eurer Solidarität und Positionierung. Denn es gibt keine wichtigen und unwichtigen Kämpfe im Feminismus.

Es gibt viele Formen von Solidarität und viele Formen des Feminismus.

Feminismus heißt nicht nur theoretische Kämpfe und beschäftigt sich auch nicht nur mit der Bezahlung von Frauen*.

Feminismus hat viele Facetten und jede von ihnen ist notwendig.

Einige der frühesten feministischen Kämpfe beschäftigten sich mit Bezahlung und Arbeitsrechten von Frauen* sowie dem Kampf um das passive und aktive Wahlrecht. Aber er geht um viel mehr.

Es geht um gesellschaftliche Zuschreibungen und Bewertungen von Berufen als „weiblich“ oder „männlich“. Die deutlichste Ausprägung ist hier z.B. im Care-bereich zu finden.

Feminismus ist der Kampf um Selbstbestimmung. Ganz aktuell gibt es hier Anknüpfungspunkte zu der Debatte um Schwangerschaftsabbrüche und der Forderung auf das Recht auf Informationen und freie Ärzt*innenwahl sowie der Entkriminalisierung.

Doch auch hier sind die Kämpfe vielschichtig und divers. Bei der Frage nach Selbstbestimmung geht es bei weitem nicht nur um Schwangerschaftsabbrüche. Es geht um Wertung von weiblicher Sexualität, um medizinische Behandlung weiblicher Körper und um rechtliche Möglichkeiten.

Aber feministische Kämpfe richten sich auch gegen geschellschaftlich-verankerte Körper und Rollenbilder. Ob es dabei darum geht, wie ein Frauen*-Körper auszusehen hat und was er alles braucht oder nicht haben darf, um weiblich zu sein, oder die Objektivierung von Frauen* in Werbungen und anderen medialen Darstellungen. Oder darum, wem im Zweifelsfall mehr geglaubt wird und wessen Stimme mehr Gewichtung hat.

Es gibt viel zu tun. Aber es lohnt sich.

Denn Frauen*bewegungen haben über Jahrhunderte viel geschafft und Themen etabliert, bei denen es weiter zu kämpfen gilt.

Vor 100 Jahren wurde endlich das Wahlrecht für Frauen* erreicht. Es gab deutliche Verbesserungen im Miet- und Finanzrecht sowie weitere wichtige gesetzliche Änderungen.

Feministische Bewegungen haben es nicht nur versucht, sondern auch geschafft, aktiv Einfluss auf soziale Rollenbilder zu nehmen, und müssen das auch weiterhin tun.

Darum ist es heute immer noch wichtig und notwendig, diese sozialen Kämpfe zu führen und zu unterstützen, da Feminismus die erste Bewegung war, die das Patriarchat als Struktur benannt und angegriffen hat.

Es ist Zeit für eine wirkliche Gleichberechtigung alles Geschlechter.

Und Zeit für wirkliche Veränderung.

Also gilt im März 2018 wie zu jeder anderen Zeit:

Still here, still fighting for feminism!

Feministische Kampfwoche(n) Marburg

Seit dem 1. März finden in Marburg die Feministischen Kampfwoche(n) statt. Die Veranstaltungsreihe rund um den Internationalen Frauen*-Kampftag am 8. März hat sich zum Ziel gesetzt, feministische Kämpfe in Theorie und Praxis nicht nur auf einzelne, symbolische Tage im Jahr zu beschränken.

Weg mit den Blumen, her mit dem Genderwahn!

“Es reicht uns nicht, einmal im Jahr einen “Frauentag” zu haben, an dem als Frauen gelesene Menschen eine Blume geschenkt bekommen. Wir kämpfen für einen explizit queeren, antirassistischen, intersektionalen, revolutionären und herrschaftsfreien Feminismus.”

Alle Informationen zur Veranstaltungsreihe sind auf dem Blog feministischekampfwochenmr.noblogs.org zu finden. Außerdem ruft das Autonome FrauenLesben Referat Marburg am 07. März zu einer feministischen Vorabenddemo zum Frauen*kampftag auf. Alle Informationen stehen auf aflrmarburg.blogsport.de zur Verfügung.

My Body, My Choice

Im Rahmen der Kampfwoche(n) wird auch das Offene Antifa Treffen einen Vortrag veranstalten. Unter dem Titel “Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland” möchten wir mit euch am 16. März um 20:30 im Café am Grün über die aktuelle Gesetztgebung, deren Entwicklung sowie eine feministische Kritik der regressiven Politik sprechen. Hier der Veranstaltungsteaser:

“Das am 24 November 2017 gefällte Urteil im Fall Hänel, einer Gießener Allgemeinärztin, welche aufgrung des §219a des StGB angeklagt und in erster Instanz verurteilt wurde, löste eine erneute bunesweite Debatte über Schwangerschaftabbrüche aus. Dabei erscheint es uns notwendig, diese Debatte aus feministischer Sicht zu prägen und zu bestimmen. Der Vortrag beschäftigt sich mit der aktuellen Rechtslage des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland sowie der Entstehung und Kritik der Paragraphen 218 & 219.”

Frauen*kampftag ist jeden Tag – Still loving Feminism.

 

 

 

Alle Jahre wieder: Nazi-Gedenken in Dresden

Auch dieses Jahr fanden in Dresden wieder mehrere Veranstaltungen zum Jahrestag der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg statt. Den 73. Jahrestag am 12. Februar nutzten dabei wieder einmal Neonazis sowie Alte und sogenannte neue Rechte zum Verbreiten ihrer  deutschen Opfermythen. Der folgende Text ist letztes Jahr im Zuge der ‘Dancen gegen Dresden’-Party entstanden und hat auch dieses Jahr nicht an Relevanz verloren.

Was ist das für 1 Dresden?

Dresden ist laut Statistiken der RAA Sachsen e.V., der regionalen Opferberatung  für Betroffene, rechts-motivierter Gewalt, die Stadt mit den häufigsten rassistischen Vorfällen in ganz Deutschland. Im Jahr 2015 kam es zu 116 verzeichneten Angriffen. (Im Vergleich in ganz Mecklenburg Vorpommern waren es 130 Angriffe). Jedoch leugnen Politiker*innen der Stadt Zusammenhänge der Angriffe mit Fremdenhass oder aktiven Neonazistrukturen. Auch ist Dresden die einzige Stadt deutschlandweit, ohne langzeitig wirksamen Protest gegen die PEGIDA-Demonstrationen.

Oma, Opa und Hans Peter

Seid über einem Jahrzehnt findet in Dresden am 13. Februar Europas größter Neonaziaufmarsch statt. Anlass dafür ist die Bombardierung Dresdens seitens der Alliierten 1945. Die heutige Rechte übernimmt in ihrer Argumentation Goebblische Propaganda, welche einen Opfermythos der Deutschen kultiviert.

Mehrere Tausend Faschist*innen gedenken der vermeidlich unschuldigen Stadt. Mit Aussagen wie „ Bombenholocaust über Dresden“ & „Nie wieder Bombenterror“ in Reden und auf Transparenten, wird aktiver Geschichtsrevisionismus betrieben und Nazideutschland verharmlost. Das Ausblenden der eigenen Täterperspektive sowie Täter-Opfer-Umkehrung prägt den deutsche Gedenkkult.

Seid 2009 existieren organisierte Gegenprotest, welche es seid 2010 schaffen den Naziaufmarsch die Straße zu verweigern. Trotzdem werden Antifaschistische Strukturen in Dresden aktiv behindert und kriminalisiert. Gegendemonstrant*innen müssen sich mit starker Repression in Form von körperlicher und mentaler Gewalt, Durchsuchungen und Verhaftungen auseinandersetzen.

Unsere Meinung dazu? Keine Tränen für Deutsche Täter*innen – Gegen Opfermythen, gegen Neonazis und gegen PEGIDA!

Statement zum Urteil im Prozess gegen Dr. Kristina Hänel

24.11.2017 – Gießen, Hessen, Deutschland.

Schlechtes Wetter, harte Zeiten

Es ist Freitag Morgen, kalt und regnerisch. Gegen 8 Uhr versammeln sich ca. 150 Menschen vor dem Gießener Amtsgericht. Es sind hauptsächlich Frauen*. Grund dafür ist ein um 10 Uhr stattfindender Prozess gegen die Gießener Allgemeinärztin Frau Dr. Hänel. Angezeigt wurde sie vom christlich-fundamentalistischen „Nie Wieder e.V.“, ein Verein, der hauptsächlich dafür bekannt ist, bereits mehrfach Ärzt*innen wegen Werbung für Abbruch von Schwangerschaften angezeigt zu haben und auf seinen Webseiten Listen zu führen, welche Ärzt*innen Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Vorgeworfen wird ihr also der Verstoß gegen den aus der Nazizeit stammenden Paragraphen §219a. Zum ersten Mal kommt es zu einem Prozess wegen einer solchen Anzeige. Damit ist das Urteil richtungweisend für die weitere rechtliche Auslegung des §219a. Protestiert wird von unterschiedlichen Organisationen. Es sprechen Abgeordnete, Gewerkschaften sowie politische und feministische Gruppen und Einzelpersonen vor dem Amtsgericht. Das mediale Interesse ist groß. Mehrere Fernsehteams und Journalist*innen sind vor Ort, um über den Prozess Bericht zu erstatten. Doch gemessen an der Tragweite des Prozesses und seiner gesellschaftlichen Relevanz sind wir ein kläglicher Haufen.

150 Personen sind bei weitem nicht laut genug, um die so lange überfälligen Änderungen zu bewirken. Der Skandal: Es ist 2017 immer noch möglich, Ärzt*innen zu kriminalisieren und weiblich gewertete Körper durch den Staat zu regulieren.

Gegen 12 Uhr wird das Urteil verkündet

Schuldig. Zu tragen sind die Prozesskosten und 40 Tagessätze zu je 150 €. Hauptargumentation des Gerichtes ist der unfaire Wettbewerbsvorteil, der angeblich durch die Werbung für Abbruch von Schwangerschaften entstehe. Ebenso soll die Möglichkeit eines Aborts für Frauen* nicht Normalität werden. Für Frau Dr. Hänel steht fest, sie geht in Revision und will bis zum Verfassungsgericht klagen und Änderungen bewirken.

Ein frauenfeindliches Urteil auf mehreren Ebenen

Mit dem Urteil und der einhergehenden Argumentation bestätigt das Gericht damit die grundlegenden Punkte des Paragraphens §219a:

Es dürfe nicht Normalität werden, dass schwangere Frauen* selbst entscheiden können, ein Kind zu bekommen oder nicht.

Es dürfe nicht Normalität werden, Informationen über medizinische Möglichkeiten erhalten zu können, die am eigenen Körper passieren.

Es dürfe nicht Normalität werden, selbst entscheiden zu können, welche Ärzt*innen den Eingriff durchführen.

Die Anerkennung der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen* darf also nicht Normalität werden.

Eine Dynamik, bei der sich veraltete Wertvorstellungen und Moralisierungen durch Gesetze manifestieren und, im Jahre 2017, immer noch die selben Auswirkungen haben, wie es vor über 70 Jahren der Fall war.

Unterdrückung, Repression, Kriminalisierung und Kontrolle

Durch dieses Urteil wird die gesellschaftliche Stigmatisierung von Aborten aufrechterhalten und legitimiert. Vereine, wie der „Nie wieder e.V.“, werden in ihrer Politik bekräftigt. Und damit werden Grundlagen für notwendige und überfällige Gesetzesänderungen entzogen.

Wir kritisieren das Urteil als frauen*feindlich, rückständig und veraltet.

Wir solidarisieren uns mit Dr. Kristina Hänel und allen anderen angezeigten Ärzt*innen.

Wir fordern alle Menschen dazu auf, sich zu organisieren & zu informieren. Sprecht in euren Strukturen, Familien und Freundeskreisen über den Prozess und über die herrschende antifeministische Gesetzgebung. Tragt euren Protest auf die Straße, wie in Gießen, Göttingen oder Frankfurt. Lasst uns laut und kreativ sein und dem Thema die Aufmerksamkeit geben, die notwendig ist, um die Zustände zu ändern.

Gemeinsam für den Feminismus fighten! Wir sehen uns beim nächsten Prozesstermin.

Offenes Antifa Treffen Marburg

PS:

Auf https://solidaritaetfuerkristinahaenel.wordpress.com/ habt ihr die Möglichkeit Frau Dr. Hänel durch Spenden für kommende Prozesskosten zu unterstützen. Außerdem findet ihr noch weitere Informationen und Solidaritätserklärungen.