Die Bewegung „Pulse of Europe“, die seit einem halben Jahr europaweit hunderte Menschen auf öffentliche Plätze bringt, hat inzwischen auch ihren Weg nach Marburg gefunden. Anlass für „Pulse of Europe” ist der Aufstieg zahlreicher EU-feindlicher rechter Parteien. „Pulse of Europe” positioniert sich klar pro-europäisch und setzt sich für das Fortbestehen der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form ein.
Als linke Gruppe finden wir es grundsätzlich gut, wenn Bürger*innen sich gegen „nationalistische Tendenzen“1 und für Grundrechte aussprechen2. Trotzdem wollen wir an dieser Stelle Kritik üben.
Obwohl sich „Pulse of Europe” gegen Nationalismus stellt, sieht sich die Bewegung ausdrücklich nicht als anti-rechts Bewegung. Weiterhin will sie sich nicht von der rechtspopulistischen rassistischen PEDIGA-Bewegung distanzieren und sie nicht „verteufeln“3.
Die unkritische Erwähnung von „regionaler, nationaler und europäischer Identität“4, zwischen der sich niemand entscheiden brauche, ist ebenfalls fragwürdig. Schliesslich sind es genau diese konsturierten Kategorien, die von Rechtspopulist*innen genutzt werden, um Stimmung gegen „die Anderen“ zu machen. Der Gedanke einer europäischen Identität ist anschlußfähig an den rechten Gedanken vom „weißen christlichen Abendland”.
Ein roter Faden im Programm von „Pulse of Europe” sind die Grundrechte, die jeder*r Euopäer*in geniesst. Vor allem Reisefreiheit und offene Grenzen innerhalb Europas werden immer wieder gelobt. Dass diese Privilegien nicht für alle gelten, findet keine Erwähnung. Im Jahr 2016 starben mindestens 5.022 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren und Schutz in Europa zu suchen5. Wer die Europäische Union (zu Recht) für die Durchsetzung bürgerlicher Grundrechte und die Garantie von Reisefreiheit lobt, darf nicht ignorieren, dass die selbe EU durch ihre Abschottungspolitik jene Toten im Mittelmeer mit zu verantworten hat.
Auch an den Orten der Demonstrationen lässt sich erkennen, dass „Pulse of Europe” ein sehr deutsches Phänomen ist6. Die starke deutsche Exportwirtschaft mit ihren Niedriglöhnen ermöglicht es der BRD, die EU wirtschaftlich und auch politisch zu dominieren. Darum ist der Erhalt des status quo aus deutscher Perspektive durchaus erstrebenswert.
Die berechtigte Kritik an diesen Zuständen wird in anderen Ländern von rechten Parteien aufgegriffen und populistisch
entstellt.
Ein weiteres Problem bei „Pulse of Europe” ist die Tatsache, dass keine Kritik an der EU zugelassen wird. Eine emanzipatorische Einrichtung der Welt muss über die Vorstellung der EU hinausgehen. Darum unterscheidet sich eine linke EU-Kritik auch grundsätzlich von der rechten Vorstellung eines „Europas der Vaterländer”.
Unserer Meinung nach reicht es nicht aus, Menschenrechte lediglich für sich selbst zu verteidigen, sie müssen auch für und mit Anderen erkämpft werden. Wir fordern von „Pulse of Europe” eine klare Abgrenzung zu rechten Parteien und Bewegungen, sowie eine Stellungnahme zur Geflüchtetenpolitik der EU.
Momentan ist „Pulse of Europe” wegen den genannten Punkten für uns nicht unterstützenswert.
OAT-Marburg
Quellen:
1. http://pulseofeurope.eu/
2. http://pulseofeurope.eu/doe-10-grundthesen-des-pulse-of-eu…/
3. http://www.hertz879.de/podcast/pulse-of-europe-bielefeld/
4. http://pulseofeurope.eu/doe-10-grundthesen-des-pulse-of-eu…/
5. https://www.proasyl.de/…/2016-das-toedlichste-jahr-in-der-…/
6. http://pulseofeurope.eu/poe-staedte/